Gedankensplitter - Hoffnungsvolle Geduld statt «Subito!»-Mentalität
Zugegeben, das übergrosse Transparent mit der Aufschrift «Santo Subito!» wirkte ziemlich verloren in der riesigen Trauergemeinde beim Requiem für «Papa emeritus» Benedikt XVI. – ganz anders als beim Abschied von Papst Johannes Paul II. Ganz unabhängig, wie man selbst zur Persönlichkeit und zum Wirken von Joseph Ratzinger in Theologie und Kurie steht, lese ich die «Santo Subito!»-Rufe vor allem als zeitgeistiges Phänomen. Nicht nur das neue Smartphone oder der nächste Städtetrip, die nächste Weiterbildung oder das neue Auto, auch eine Heiligsprechung hat jetzt und sofort zu erfolgen – «subito» eben. Was uns – vielen von uns – immer mehr abhanden zu kommen scheint, ist das hoffnungsfrohe Erwarten, das vertrauensvolle Ausharren, das zähe Erdauern – die Geduld.
Ziemlich adventliche Gedanken zum Valentinstag … Aber Warten, Sehnen und Hoffen sind eben nicht «bloss» vorweihnachtliche Gefühle oder Übungen, sondern eigentliche Grundhaltungen eines Christenmenschen. In einer Zeit des Alles-jetzt-sofort-und-immer-mehr sind wir gerufen, gerade an jenen Hoffnungen, Träumen, Sehnsüchten mit Ausdauer und Treue festzuhalten, die sich nicht «subito» verwirklichen lassen: Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung. Vielleicht gerade auch in unseren engsten und nächsten Beziehungen – apropos Valentinstag! – und in unseren christlichen Gemeinschaften und Kirchen. Ein koptischer Diakon hat es wie folgt auf den Punkt gebracht:
Geduld mit anderen, das ist Liebe.
Geduld mit mir selbst, das ist Hoffnung.
Geduld mit Gott, das ist Glaube.
Boris Schlüssel, Kaplan